Wenn schon bei Jugendlichen eine Parodontitis auftritt oder im späteren Alter isoliert an einzelnen Zähnen extrem tiefe Taschen, spricht man von einer aggressiven Parodontitis. Sehr oft sind in den Taschen dann sehr aggressive Krankheitserreger am Werk.
In diesem Fall bestimmen wir regelmäßig das Spektrum der Keime aus den Zahnfleischtaschen und setzen auch Antibiotika ein, um die Parodontitis zu beherrschen.
Da auch der Einsatz von Antibiotika oft nur Teilerfolge in der Beseitigung der Keime erreicht (nur etwa in 50% gelingt es uns, die aggressiven Keime zu beseitigen), verfolgen wir seit kurzem auch probiotische Ansätze.
Dabei wird über Lutschtabletten oder Kaugummis versucht, Keime anzusiedeln, die in der Lage sind, die aggressiven Keime zu verdrängen. Neuere Studien (Twetman, Schlagenhauf) zeigen zu diesem Ansatz verheißungsvolle Ergebnisse.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Ernährung. Insbesondere die Reduzierung des Zuckerkonsums rückt immer stärker in den Focus. Die Ernährungsumstellung ist vor allem bei der aggressiven Parodontitis noch wichtiger als die optimale Zahnpflege. Mehr über gesunde Ernährung erfährst Du, wenn Du auf den Zuckerberg klickst.
Jeder Parodontitispatient profitiert davon, wenn man in der Therapie Antibiotika einsetzt. Die Entzündung wird zurückgedrängt, er verspürt weniger Zahnfleischbluten und manchmal werden Zähne fester.
Die Antibiotika, die zu diesem Zweck eingesetzt werden, sind aber nicht ganz unproblematisch:
Metronidazol ist krebserregend und sollte deshalb nicht zu häufig angewendet werden.
Clindamycin kann in seltenen Fällen eine lebensbedrohliche Darmerkrankung hervorrufen.
Wir setzen Antibiotika deshalb so selten wie möglich ein. Wenn wir einen Einsatz planen, versuchen wir, optimale Voraussetzungen für den Erfolg der Behandlung zu schaffen:
Mit dieser Vorgehensweise lässt sich in etwa 50% der Fälle erreichen, dass alle aggressiven Keime in der Keimkontrolle nicht mehr nachweisbar sind.
Bei der anderen Hälfte reduziert sich die Keimanzahl um den Faktor 10-100. Dies sorgt für die vorübergehende Besserung der Parodontitis, die wir auch in diesem Fall beobachten können.
In diesen Fällen vesuchen wir den probiotischen Ansatz, um nicht so bald wieder die Antibiotika zu brauchen.
Mit der Keimbestimmung aus den Zahnfleischtaschen können wir aggressive Keime finden, die mit einem Risiko für Knochenverlust einhergehen.
Viel besser ist es, einen direkten Marker für den Knochenverlust im Zahnhalteapparat zu bestimmen. PD Dr. Netuschil, Marburg hat einen Test entwickelt, der die aktive Form eines Enzyms bestimmt, das maßgeblich beim Knochenabbau beteiligt ist **. Damit kann der Erfolg einer Parodontitis-Behandlung dokumentiert werden und eine Prognose für das Fortschreiten der Erkrankung gegeben werden. Auch das Risiko einer Frühgeburt durch das Vorliegen einer Parodontitis kann durch den Test bestimmt werden.
** PD Dr. Lutz Netuschil, Abt. Parodontologie Philipps-Universität Marburg, Aktivierte Matrix-Metalloproteinase-8 als Biomarker für entzündliche Kollagendestruktion im Mund und im Gesamtorganismus, Jahrestagung DGUZ, Frankenthal 2011